„Aufrechte Kämpfer für den Sozialismus“

Die „allseitig entwickelte, sozialistische Persönlichkeit“ ist das erklärte Ziel der DDR-Bildungspolitik. Gleiche Lehrinhalte an allen Polytechnischen Oberschulen (POS) sollen vor allem der herrschenden Arbeiter- und Bauernklasse den Weg zu Abitur und Hochschulstudium öffnen. Die Ausbildung der hierzu nötigen Lehrkräfte leisten die Pädagogischen Hochschulen.
Als „historische Aufgabe“ versteht die junge DDR die „Brechung des Bildungsprivilegs“ – und führt die postulierte Gleichheit in eine neue Ungleichheit: „Der Anteil der Arbeiter- und Bauernkinder in den erweiterten Oberschulen und Abiturklassen mit Berufausbildung muss konsequent der sozialen Struktur der Bevölkerung entsprechen“, so die Ministerin für Volksbildung der DDR Margot Honecker 1969.
Viele Lebenswege sind von dieser Politik einschneidend geprägt.Die zunächst acht-, später zehnklassige POS konzentriert sich auf naturwissenschaftliche Fächer und führt den praxisnahen „Unterricht in der sozialistischen Produktion“ ein. Um ein „sozialistisches Bewusstsein in die Jugend zu tragen“, baut die DDR eine Lehrerbildung auf, die von Schulen für Kindergärtnerinnen bis zur Gründung von Pädagogischen Hochschulen reicht. Grundbedingung ist, so die Ministerin 1968, „dass jeder Pädagoge einen klaren Klassenstandpunkt besitzt“.
Unter dem Stichwort „außerunterrichtliche Arbeit“ etabliert die DDR zudem eine weit verzweigte, kollektiv geprägte Freizeitgestaltung, die fast ausschließlich von staatlichen Organisationen getragen wird: Die Pionierorganisation und die Freie Deutsche Jugend (FDJ) organisieren neben der „Teilnahme am politischen Kampf“ auch die „aktive kulturelle und sportliche Betätigung“ der Schüler.
Nach sowjetischem Vorbild führt die DDR 1978 den Wehrunterricht als Pflichtfach ein. In der neunten Klasse werden die „Fragen der sozialistischen Landesverteidigung“ diskutiert, die von Aufenthalten in Wehrausbildungslagern für Jungen und Zivilverteidigungslehrgängen für Mädchen ergänzt werden. Die Kirchen protestieren und sehen „die Glaubwürdigkeit der Friedenspolitik der DDR“ in Zweifel gezogen. Ministerin Honecker hingegen erklärt: „Weil wir für den Frieden auf Erden sind, sind wir für eine Erziehung der Jugend, die sie befähigt, ihn zu verteidigen.“ Die militärische Ausbildung hat eine systematisch zunehmende Militarisierung der Zivilgesellschaft zur Folge: Sie wird bis 1989 für alle Abiturienten und Studierenden nahezu unverändert fortgesetzt.